Was soll das bedeuten: 10/3? Es bedeutet einiges für mein neues Hobby, das ich vor drei Wochen begonnen habe. Nur etwa 1.200 Menschen in Deutschland teilen dieses Hobby mit mir. In Prozente umgerechnet sind das gerade einmal 0,000015%.
Schluss mit dem Rätselraten – ich bin seit Ostern als ehrenamtliche phänologische Beobachterin in Berlin-Köpenick für den Deutschen Wetterdienst (DWD) unterwegs. Seitdem schaue ich beim Spazierengehen mehr in die Luft als nach vorn. In meiner Jackentasche lugt nun stets mein kleines Tagebuch hervor. In das trage ich meine Beobachtungen ein, um sie zuhause angekommen dem Deutschen Wetterdienst online zu melden.
Doch bis es soweit war, musste einiges gelesen, gelernt, gemerkt, geforscht und dokumentiert werden. Ein großes Päckchen lag eines Abends auf der Treppe vor der Wohnung. Es beinhaltete einen dicken Ordner und ein Bestimmungsbuch für Obstgehölze. Gut, dem widme ich mich morgen, um nicht gleich der Demotivation zu verfallen, dachte ich mir. Samstag, ein sonniger Morgen, der dicke Ordner und ich lagen auf dem Sofa. Ich blätterte also durch, las hier und da etwas detaillierter, schaute aus dem Fenster in den gegenüberliegenden Park und war sehr zufrieden, schon von weitem die gesuchten Beobachtungspflanzen entdeckt zu haben.
Die Auswahl an phänologischen Beobachtungsobjekten ist eigentlich recht überschaubar: 31 x Wildpflanzen, Forst- und Ziergehölze; 6 x Obst; 9 x Landwirtschaftliche Kulturpflanzen und Wein sind für den DWD von Interesse. Für mich minimiert sich die Auswahl auch noch einmal kräftig, da in meinem Bezirk weder Raps noch Sonnenblumen angebaut werden. Und Berlin-Köpenick ist auch nicht die typische Weinanbauregion.
Gilt es im nächsten Schritt herauszufinden, wo die Pflanzen der Begierde im Beobachtungsgebiet wachsen. Im unbelaubten Zustand eine tatsächlich anspruchsvolle Aufgabe. Da ich aber in einer Großstadt wohne und fast jeder Baum eine eigene Nummer hat, sollte es wohl möglich sein, herauszufinden um was für ein Objekt es sich handelt. Und so war es dann auch. Über die Homepage der Berliner Senatsverwaltung ist ein sehr umfangreicher Datenbestand zu Bäumen in Straßen und Parkanlagen abrufbar. Anhand dieser Daten habe ich mir nun meinen Spazierweg zurechtgezimmert und den ersten phänologischen Spaziergang gemeinsam mit meinem Mann beschritten. Mit Regenschirm, Fernglas und Tagebuch ausgerüstet, konnten wir an einem regnerischen Sonntag beobachten, dass die Europäische Lärche bereits gut dabei war die ersten Nadeln hervorzuschieben. Auch die ersten Löwenzahnblüten leuchteten gelb auf der Wiese. Beides Anzeichen dafür, dass der Erstfrühling begonnen hatte.
In der Phänologie gibt es nicht nur einfach zu merkende vier Jahreszeiten! Nein, es gibt zehn. Und wann welche der zehn Jahreszeiten beginnt, kann anhand unterschiedlicher Pflanzenereignisse ausgemacht werden. Wenn beispielsweise die Blüten von Flieder, Rosskastanie und früher Apfelsorten aufgehen, ist der Vollfrühling in der Region erreicht. Sobald der Schwarze Holunder und die Robinien blühen, befinden wir uns bereits im Frühsommer. Aber bis wir diesen erreicht haben, wird noch der ein oder andere Baum austreiben, hier und da eine Knospe aufbrechen, die Birken all ihren Pollen verbreitet und die Allergiker zahlreiche Taschentuch verbraucht haben. Das ist nebenbei eine wichtige Aufgabe der 1.200 ehrenamtlichen Spaziergänger. Sie melden den Beginn der Blüte der zahlreichen allergieauslösenden Gehölze wie Hasel, Erle, Esche und Birke. Dies geschieht über das Sofortmelderprogramm des DWD, welcher anschließend wiederum die entsprechenden Meldungen herausgibt.
Und was ist nun mit 10/3? Richtig, die Frage wollte ich noch beantworten. 10/3 steht im Goldmannpark und ist ganz unromatisch betitelt eine Sommer-Linde, die gerade dabei ist, ihr Blattwerk zu entfalten. Ich laufe jeden Morgen an ihr vorbei, werde sie aber erst in meinem Tagebuch verewigen, wenn sie blüht. Und bis es soweit ist, werden noch drei phänologische Jahreszeiten vergehen müssen.
Die Autorin, Sandra von Rekowski, arbeitet als Geschäftsführerin bei der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. (DGG), dem ältesten Freizeitgartenbauverein Deutschlands. Die DGG arbeitet eng mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zusammen. Seit Beginn des Jahres 2016 ist über die Homepage des DWD das Gartenwetter abrufbar. Hier gibt es neben aktuellen Gartentipps, Informationen zur optimalen Zeit für einen Rasenschnitt, Intensität des Bienenfluges, Frostwahrscheinlichkeiten und auch zur Bodentemperatur in Verbindung mit günstigen Aussaatterminen ausgewählter Gartengemüse. Gemeinsam mit der DGG sucht der DWD deutschlandweit nach weiteren ehrenamtlichen phänologischen Beobachtern.
Interessante Links:
http://www.dwd.de/DE/fachnutzer/freizeitgaertner/_node.html.
Bildunterschrift 1: Die Europäische Lärche im Blick (Foto SvR/DGG)
Bildunterschrift 2: 10/3 – Blattaustrieb der Sommerlinde (Foto SvR/DGG)
PM zum Download:
Das Gartenwetter für Freizeitgärtner
Eine Kooperation des Deutschen Wetterdienstes und der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V.
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