"Sich regen bringt viel Segen" - mit einem viel beachteten Vortrag beim Kongress "Garten & Medizin" ist Dr. med. Birgit Hildebrandt auf die Bedeutung von Bewegung in Garten und Parks aus medizinischer Sicht eingegangen. Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Dr. med. Birgit Hildebrandt:
An ausreichender Bewegung mangelt es ja bekanntlich heutzutage den meisten Menschen und zwar von der frühesten Kindheit bis ins hohe Alter. Bei allen Annehmlichkeiten, die die zunehmende Digitalisierung mit sich bringt, treibt sie uns noch mehr in diese Falle der Bewegungslosigkeit und zunehmenden Trägheit. Wenn wir nicht sehr früh lernen, die Ressource der auch mal anstrengenden Bewegung zu schätzen und Aktivität ganz selbstverständlich in den Alltag integrieren, dann wird es schwer, damit anzufangen, wenn sich bereits Krankheiten als Folge dieser Bewegungsarmut entwickelt haben. Fatalerweise tritt die Inaktivität meist in Verbindung mit Ernährungsfehlern auf und führt dann schnell zum Übergewicht. Bewegung tut also not und wir wissen, dass Bewegung in der Natur in besonderem Maße gut tut. Draußen bei der Gartenarbeit z.B. werden alle Muskeln angesprochen und gleichzeitig das Herzkreislaufsystem trainiert, ohne dass wir das als besondere Anstrengung wahrnehmen. Kinder folgen in der Regel noch ihrem natürlichen Bewegungsdrang, wenn sie die Möglichkeiten dazu bekommen. Können sie sich draußen bewegen, senkt das in besonderem Maße den Stresslevel, aktiviert den Kreislauf und die Aufmerksamkeit. Bewegung in der Natur fördert darüber hinaus ein gesundes Wachstum, verhindert Übergewicht, verbessert den Schlaf und sorgt insgesamt für gute Stimmung und Kreativität. Gärten und Parks sind nicht nur die grünen Lungen der Städte, sondern absolut notwendig, um überhaupt Kontakt zur Natur zu bekommen, positive Energie darüber zu entwickeln und einen sorgsamen Umgang mit der Natur zu lernen. Menschen, die auch nur eine kleine Grünfläche versorgen, sind psychisch wesentlich stabiler. Diejenigen, die bei Wind und Wetter ganzjährig draußen aktiv sind, werden insgesamt seltener krank. Es gibt ein Projekt, das an Schulen in Großbritannien gestartet wurde und nun in 35 Ländern durchgeführt wird. „The Daily Mile“ bringt Grundschulkinder täglich einmal über die Dauer von 15 Minuten zum Laufen nach draußen in die Natur. Das Ergebnis ist eine gesteigerte körperliche Leistungsfähigkeit bei reduziertem Körperfettanteil und ein besseres Arbeitsverhalten während des Unterrichts – so einfach kann es sein! Manche Unternehmen nutzen diese Erkenntnisse auch schon und aktivieren ihre Mitarbeiter einmal täglich in der Mittagspause. 10 bis 15 Minuten Sport pro Tag draußen in der Natur – das bringt über die Woche betrachtet richtig viel, liefert gute Laune, steigert die Motivation und gibt wieder Raum für neue Ideen.
Für ältere Menschen sollten die Wege eben sein, für Kinder kannes ruhig querfeldein gehen und das sollte auch möglich sein. Generell braucht man sicher sowohl die freien größeren Flächen als auch die kleineren Pfade zum „Abtauchen“ und schöne Sitzgelegenheiten. Wenn ältere Menschen mit Kindern in Kontakt kommen können, ist das immer zu fördern und das funktioniert natürlich auf besonders schön gestalteten Aktivflächen besonders gut. Viele Anwohner in der Umgebung von Parks und Gärten engagieren sich gerne ehrenamtlich in der Pflege und der gemeinsamen Gestaltung dieser Grünflächen. Das ist großartig und bringt allen Beteiligten einen großen Gewinn. Wichtig ist es, auch im Winter eine entsprechende Pflege der Grünflächen zu garantieren – wer einmal rauskommt aus der Routine, hat es im Frühjahr wieder schwerer!
Es gibt bereits die Empfehlung, zumindest 10.000 Schritte täglich zu gehen – schon das ist nicht einfach und das merkt jeder, der sich in dieser Hinsicht einmal prüft. Um nicht von vornherein gleich wieder ein Leistungsziel zu formulieren, das viele abschreckt, empfehle ich, einfach mit 10 Minuten täglicher Bewegung an der frischen Luft in einer Grünfläche zu beginnen und zu beobachten, was sich verändert. Ob das zügiges Gehen im Park ist oder Arbeit im eigenen Garten, ist egal. Wenn es sich gut anfühlt, will man mehr davon – das klappt immer noch am besten.
Bei „The Daily Mile“ hat man mit einem einfachen Test beobachtet, wie sich die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert und dazu eine Untersuchung zur Körperzusammensetzung im Verlauf dieser Aktion durchgeführt. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache. Über das Arbeitsverhalten der 4- bis 12-jährigen Schüler, das Konfliktverhalten und die subjektivempfundene Stimmung und Lebensfreude wird sicher auch noch eine Auswertung folgen – das ist mindestens ebenso interessant. Wir können selbstverständlich harte Daten wie Ruheherzfrequenz, Blutdruck, Bauchumfang oder Körperfettanteil messen und dann Vergleiche im Verlauf anstellen. In der Arbeitswelt steht das Thema Arbeitsunfähigkeit im Fokus und aktuell sind insbesondere die Fälle von psychischer Überforderung ernst zu nehmen, die einen Großteil der Langzeit-Krankmeldungen ausmachen. Man kann auf der anderen Seite aufzeichnen, wie viel Menschen, die mit Aktivität im Grünen starten, Probleme mit Rücken und Gelenken bekommen – das wäre ja möglich, wenn man überengagiert an die Sache herangeht. Man darf aber hier bereits erwarten, dass „sich regen“ viel Segen bringt!
Das wäre mein Wunsch, weil es die natürlichste Form der Bewegung ist, keine Altersgrenze kennt und so positiv auf Körper und Psyche wirkt. Hier kann über das Zusammenwirken der Generationen viel Wissen und Wertschätzung für die Natur weitergegeben werden, das ansonsten vielleicht verloren ginge. Denn auch Kindergärten und Schulen können zumeist das „Live-Event Natur“ nicht mehr selbstverständlich liefern.
Im Jahr 2009 gründete die Internistin Dr. med. Birgit Hildebrandt das erste Helios Prevention Center in Bad Grönenbach/Allgäu. Das Modell der Vorsorgemedizin mit intensiver Beratungskomponente inmitten von Hochleistungskliniken etablierte sich so rasch am Gesundheitsmarkt, dass bis heute bundesweit 10 Helios Prevention Center eingerichtet wurden unter der medizinischen Leitung von Dr. Hildebrandt. Die Medizinerin ist seit 2011 an den HPC-Standorten in Berlin tätig. Von 2004 bis 2009 betrieb sie eine Internistische Schwerpunktpraxis für Präventionsmedizin in Oberstdorf.Dr. med. Birgit Hildebrandt wurde an den Städtischen Kliniken Düsseldorf und dem Klinikum Kempten/Allgäu zur Fachärztin für Innere Medizin ausgebildet. Ihr medizinisches Studium absolvierte sie in Marburg und Düsseldorf.
Seit 2019 ist Frau Dr. Hildebrandt für Sana Prevent tätig.
Bild: Sana Kliniken
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